CULTURA-Preis 2017 für den „Boden-Brücken-Baumeister“ Prof. Dr. Georg Guggenberger
Das unabhängige Kuratorium für den CULTURA-Preis der Toepfer Stiftung hat in seiner Sitzung am 24. Januar 2017 Prof. Dr. Georg Guggenberger zum Preisträger 2017 ausgewählt.
Georg Guggenberger, Jahrgang 1963, ist Professor für Bodenkunde und geschäftsführender Leiter des Instituts für Bodenkunde an der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Universität Hannover. Der ganzheitliche Ansatz von Guggenberger zum Schutz der Böden, mit dem er die Grenzen von Fachdisziplinen, Nationen und Bevölkerungsgruppen überwindet, ist in höchstem Maße auszeichnungswürdig, so die Auswahlkommission.
Im Mittelpunkt seiner Arbeit steht die Forschung zum Schutz der organischen Bodensubstanz und zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit unter dem Aspekt des globalen Wandels. Im Rahmen von Einzel- und Verbundprojekten untersucht er die Rolle und Bedeutung des Bodens im globalen Kohlenstoffkreislauf und macht somit die Auswirkungen des Klimawandels begreifbar. Hierbei bedient er keineswegs nur einen aktuellen „Forschungstrend“. Vielmehr setzt Guggenberger in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus verschiedensten europäischen Ländern, mit innovativen Ansätzen und Analysenmethoden zur Untersuchung organomineralischer Verbindungen neue Maßstäbe. Die dabei verwendeten Techniken und der hohe apparative Aufwand sind kein Selbstzweck, sondern dienen der Lösung konkreter Landnutzungsprobleme in unterschiedlichsten Klimazonen vom Permafrost in Sibirien und der Antarktis bis nach Indonesien, Äthiopien und Brasilien sowie in Zentral- und Osteuropa. Auf diese Weise verbindet Guggenberger Bodenwissenschaftler aller Kontinente.
Zur Bodenfruchtbarkeit in Deutschland und Europa forscht Guggenberger derzeit im Rahmen des BMBF-geförderten Forschungsprogramms BonaRes (Boden als natürliche Ressource), das den Erhalt der Fruchtbarkeit landwirtschaftlich genutzter Böden mithilfe von Zwischenfrüchten adressiert. Auch hier besteht seine große Leistung darin, Grundlagenforschung zielführend mit anwendungsorientierter Forschung zum Bodenschutz zu kombinieren und dabei Menschen unterschiedlichster Anspruchsgruppen zusammen zu bringen. Insbesondere Bodenmüdigkeit, die entsteht, wenn über lange Zeit hinweg die gleiche Ackerfrucht angebaut wird, soll dadurch vermieden werden.
Weitere Schwerpunkte der Arbeit von Guggenberger sind die Kommunikation seiner Ergebnisse in nationale und internationale Fachkreise und an die Bevölkerung. So schaut er in der Lehre weit über die Grenzen seines Fachbereichs hinaus. Seit Jahren organisiert er gemeinsame Exkursionen mit Studierenden und initiiert Sommerschulen. Neben dem bodenwissenschaftlichen Austausch sind ihm hierbei die internationale Verständigung und der „Blick über den Tellerrand“ für Studierende und Dozierende ein wichtiges Anliegen. Auch in der Gremienarbeit treibt ihn der Wunsch an, Boden-Brücken zwischen Menschen unterschiedlichster Herkunft zu errichten. Als amtierender Präsident der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft (DBG) hält er intensiven Kontakt zu etlichen internationalen bodenwissenschaftlichen Verbänden. Hiervon profitieren nicht nur die über 2.000 Mitglieder der DBG, sondern auch die internationalen Partner.
Die Preisverleihung fand am 04. September 2017 in der Georg-August-Universität Göttingen statt.
Über den CULTURA-Preis
Der CULTURA-Preis wurde von 2008 bis 2017 europaweit für innovative und beispielhafte Arbeitsansätze auf den Gebieten Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft sowie den damit verbundenen Wissenschaften verliehen. Die ausgezeichneten Leistungen sollten in der Regel nicht länger als fünf Jahre zurückliegen. Der Preis war mit 25.000 Euro dotiert.
Bis zum Jahre 2007 hatte die Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. die dominierenden, ökologiebasierten Landnutzungsformen – also die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, den Naturschutz und die damit verbundenen Wissenschaften – mit separaten Preisen bedacht. Im Zuge einer Neuorientierung ihrer Arbeit hatte sich die Stiftung entschlossen, die drei genannten Landnutzungsformen in einer Art Synthese zusammenzufassen und unter dem Begriff einer „zukunftsgerechten Landnutzung“ mit einem neuen Preis gemeinsam zu fördern.
„Zukunftsgerechte Landnutzung“ meint im Kontext dieses Preises eine Landnutzung, die den zukünftigen Ansprüchen der Gesellschaft, aber auch den zukünftigen Entwicklungen der Ökosysteme so weit wie möglich gerecht wird. Prämiert wurden daher Forschungsarbeiten, die weit über die Grenze der jeweils eigenen Fachdisziplin und des jeweils eigenen Politiksektors hinaus reichten. Dabei konnte der fachliche Fokus des Preises von Jahr zu Jahr durchaus bei einer der drei genannten Landnutzungsformen liegen; im Idealfall aber sollte die Arbeit des Preisträgers oder der Preisträgerin keiner traditionellen Landnutzungsform ausschließlich zugeordnet werden können.
Zum Namen des Preises
Das lateinische Wort cultura hat mehrere Bedeutungen:
1. Meint cultura die Pflege und sorgsame Bewahrung eines anvertrauten Gutes – hier dürfen wir also durchaus an den Naturschutz denken.
2. Meint cultura die pflegliche Bearbeitung und Bestellung von Natur und Landschaft, also den Ackerbau und den Waldbau – noch allgemeiner dürfen wir folglich an die Land- und Forstwirtschaft denken.
3. Meint cultura die Kultur im gängigen Verständnis – heute vielfach im Gegensatz zur unberührten Natur. Der Preis will im Sinne der erwähnten Synthese der Landnutzungsformen dazu beitragen, diesen Gegensatz zu überwinden.
4. Meint das Wort cultura die Ehrfurcht vor der Natur – ursprünglich im Sinne einer Gottheit – sowie die Respektierung der Schöpfung und der ihr innewohnenden Regeln. Auch hier scheint folglich die Synthese zwischen den Nutzungsformen auf. Stiftungsrat und Stiftungsvorstand der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. haben diese Namensgebung sehr bewusst für den Preis beschlossen, denn mit dem CULTURA-Preis sollte gezielt ein in mehrfacher Hinsicht „integraler“ Ansatz der Landnutzung verfolgt werden: im unmittelbaren Management der Flächen ebenso wie in der politischen Auseinandersetzung um Konkurrenz und Vorrang der verschiedenen Landnutzungsarten.
Preiskuratorium
- Prof. Dr. Christian Ammer, Göttingen (Vorsitzender, 2014-2017)
- Prof. Dr. Volker Düssel, Erfurt (2007-2012)
- Prof. Dr. Nicola Fohrer, Kiel (2012-2017)
- Prof. Dr. Daniela Kleinschmit, Freiburg (2015-2017)
- Prof. Dr. Joachim Krieter, Kiel (2007-2012)
- Prof. Dr. Uwe Latacz-Lohmann, Kiel (stellv. Vorsitzender 2007-2014)
- Prof. Dr. Johann Schreiner, Schneverdingen (2007-2017)
- Prof. Dr. Uta Steinhardt, Eberswalde (2007-2017)
- Prof. Dr. Joseph-Alexander Verreet, Kiel (2012-2017)
- Prof. Dr. Karl-Reinhard Volz, Freiburg (Vorsitzender, 2007-2014)
Preisträger*innen seit 2008
- Übersicht CULTURA-Preis
- Preisträger 2017: Prof. Dr. Georg Guggenberger
- Preisträger 2016: Prof. Dr. Robert Arlinghaus
- Preisträger 2015: Prof. Dr. Marcin Pietrzykowski
- Preisträgerin 2014: Prof. Dr. Alexandra Klein
- Preisträger 2013: Prof. Dr. Dr. Hans Joosten
- Preisträger 2012: Dr. Peter Meyer
- Preisträger 2011: Dr. A. Gonçalo Beja-Pereira
- Preisträger 2010: Dr. Jörg Müller
- Preisträger 2009: Prof. Dr. Jan Stenlid
- Preisträgerin 2008: Dr. Angela Karp